Anspruch auch gegen nichtwohnenden Mitmieter

Der BGH hat in seinem Urteil vom 20.07.2014 -Az. VIII ZR 313/13 entschieden, dass der Berliner Gaslieferant Gasag von der ehemaligen Lebensgefährtin des Mieters eines Einfamilienhauses knapp 7.000 € verlangen kann, obwohl diese weder einen Liefervertrag unterschrieben oder selbst Gas verbraucht hat.

Der Mieter lebte nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin alleine in dem Einfamilienhaus. Diese hatte zwar noch den Mietvertrag mit unterschrieben, aus „Bonitätsgründen“, wie sie später ausführte, war selbst aber niemals in das Haus eingezogen. Knapp drei Jahre lang bezog der allein lebende Mieter Gas, ohne auch nur eine Rechnung zu bezahlen. Im Jahre 2008 schließlich wurde die Gaslieferung gesperrt.

Da der Mieter mittlerweile insolvent geworden war und nicht zahlen konnte, richtete die Gasag ihre Forderung gegen die Ex-Lebensgefährtin. Das Landgericht Berlin gab der Zahlungsklage statt, das Kammergericht hingegen wies die Klage in der Berufung ab.

Der unter anderem auch für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat der Klage stattgegeben und damit seine bisherige Rechtsprechung zur so genannten „Realofferte“ weiter präzisiert. Nach Auffassung des BGH richtet sich das in dem Leistungsangebot eines Energieversorgungsunternehmens schlüssig enthaltene Angebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages typischerweise an denjenigen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausgeübt. Im konkreten Fall war dies nicht der Eigentümer sondern während der Dauer des Mietverhältnisses ausschließlich der Mieter. Dieser hat nach Auffassung des BGH das an alle Mieter gerichtete Angebot konkludent angenommen, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern im Wege der Stellvertretung für die übrigen Mieter. Hierbei komme es nicht darauf an, welcher der Mieter tatsächlich die Leistung entgegengenommen und Gas verbraucht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass die ehemalige Lebensgefährtin den (Miet-)Vertrag mit unterschrieb und damit Vertragspartnerin wurde, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Hier sind die Grundsätze der so genannten Duldungsvollmacht zu berücksichtigen: Indem sie duldete, dass ihr ehemaliger Lebensgefährte nach gemeinsamen Vertragsschluss alleine in das Haus zog und er auch die zur Nutzung zwingend erforderliche Heizung in Betrieb nahm und damit Gas verbrauchte, hatte sie die Realofferte der Klägerin konkludent angenommen.

Im Ergebnis ist anzuraten, bei fehlender Bonität eines wohnungssuchenden Mieters den Vertrag nicht aus Mitleid mit zu unterzeichnen ohne den konkreten Willen, tatsächlich mit einzuziehen. Wie dieser Fall deutlich zeigt, erstreckt sich die gesamtschuldnerische Haftung nicht nur auf das Mietverhältnis selbst, sondern auch auf konkludent zu Stande gekommene externe Lieferverträge.