Wenn eine Bank bei einem Kunden den Irrtum erweckt, dass er sich nicht einseitig, sondern nur mit ihrer Zustimmung aus dem Darlehensvertrag lösen kann, so kann dies eine arglistige Täuschung darstellen. Eine so beim Kunden eingeholte Unterschrift unter der Vereinbarung einer überhöhten Vorfälligkeitsentschädigung kann angefochten werden. (AG München 10.9.2014, 262 C 15455/13)

In dem vom AG München entschiedenen Fall hatten die Kläger ein Immobiliendarlehen mit einer Zinsbindung bis Anfang 2019 vorzeitig gekündigt, da sie die Immobilie wegen Umzugs verkaufen wollten.

Daraufhin schrieb die Bank am 18.10.2010 an die Kläger:

„Mit der von Ihnen gewünschten außerplanmäßigen Rückzahlung sind wir grundsätzlich einverstanden, soweit uns der dadurch entstehende Schaden ersetzt wird. Den Schaden haben wir entsprechend den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermittelt und in der beigefügten Rückzahlungsaufstellung ausgewiesen. Bitte senden Sie uns innerhalb von 10 Tagen ab Datum dieses Schreibens eine vollständig unterzeichnete Ausfertigung der ebenfalls beigefügten Vereinbarung zurück.“

Diesem Schreiben war beigefügt die Vereinbarung über die Rückzahlung vom 18.10.2010, die die Kläger unterschrieben zurücksandten. Darin wird u.a. vereinbart, dass für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die Wiederanlagerenditen vom 6.10.2010 maßgebend sein sollen, wenn der Rückzahlungsbetrag bis 29.12.2010 bei der Beklagten eingeht. Die Bank berechnete rd. 16.500 € Vorfälligkeitsgebühren und 200 € Bearbeitungsgebühren. Am 3.12.2010 zahlten die Kläger das Darlehen samt Vorfälligkeitsentschädigung, weiterer Kosten und Zinsen i.H.v. rd. 120.000 € zurück. Die Beklagte berechnete vereinbarungsgemäß die Vorfälligkeitsentschädigung mit dem Zinsniveau am 6.10.2010 und nicht mit den Renditen am Tag der tatsächlichen Rückzahlung (3.12.2010), an dem das Zinsniveau höher war.

Mit ihrer Klage machten die Kläger den nach ihrer Ansicht zu viel bezahlten Betrag von rd. 4.700 € geltend. Die Differenz errechne sich insbesondere daraus, dass üblicherweise für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung der Tag der tatsächlichen Rückzahlung maßgeblich sei. Die Vereinbarung vom 18.10.2010, die die beklagte Bank den Klägern zur Unterschrift vorgelegt habe, lege jedoch als Berechnungszeitpunkt für die Vorfälligkeitsentschädigung den 6.10.2010 fest. Die Kläger fochten daraufhin die Vereinbarung über die Rückzahlung vom 18.10.2010 an und verlangten die zu viel bezahlten 4.700 € von der Beklagten zurück. Diese weigerte sich, den Betrag zurückzuzahlen. Die Vereinbarung sei wirksam und es bestünden keine Anfechtungsgründe.

Das AG München gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung von 4.700 €. Die Vereinbarung vom 18.10.2010 sei durch die Kläger wirksam wegen arglistiger Täuschung durch die Bank angefochten worden.

Die beklagte Bank habe die Kläger durch ihr Verhalten arglistig getäuscht. In dem Schreiben vom 18.10.2010 hatte sie den Klägern mitgeteilt, dass sie nur dann mit der vorzeitigen Vertragsauflösung einverstanden sei, wenn die Kläger die Vereinbarung mit der Vorfälligkeitsentschädigung unterschreiben. Dieses Schreiben hat dazu geführt, dass die Kläger irrtümlich davon ausgingen, dass sie sich nicht einseitig, sondern nur mit Zustimmung der Beklagten von dem Vertrag lösen konnten.

Nach der tatsächlichen Rechts- und Gesetzeslage hätten sich die Kläger jedoch auch einseitig vom Vertrag lösen können (§ 490 Abs. 2 BGB). Daher stellt dieses Verhalten der Beklagten eine Täuschung i.S.v. § 123 BGB dar. Die in der juristischen Fachliteratur kontrovers diskutierte Frage, ob die Beklagte aufgrund ihrer besonderen Sachkunde und des bestehenden Vertragsverhältnisses sogar gehalten gewesen wäre, das Ehepaar ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im Fall des Verkaufs der Immobilie der Darlehensvertrag einseitig gekündigt werden kann, war vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.